Erdverbunden ist Teil der Jahresaktion der Evangelisch-methodistischen Kirche in Marbach. Unter dem Motto: „Anders geht es auch“ fragen wir, wie wir unser Leben so gestalten können, dass unser ökologischer Fußabdruck möglichst kleiner ausfällt. Zu den Gedanken von Pastorin Stefanie Reinert – hier zum Nachhören – gehört auch ein Interview mit Hobbygärtnerin Ingrid Holz, die darin unter anderem erklärt, warum Erde nicht einfach nur Dreck ist.
Ingrid Holz ist Mitglied unserer Bezirksgemeinde und gehört zu einer kleinen Arbeitsgruppe, die sich in den vergangenen Wochen viele Gedanken über unser Jahresthema gemacht hat. Der Schutz unserer Erde – und damit auch unseres Erdbodens – liegt Ingrid sehr am Herzen und sie kennt sich als leidenschaftliche Hobbygärtnerin gut aus. Warum Erde kein Dreck ist und wieso unser Boden besondere Pflege braucht, hat sie mir in einem Gespräch erklärt:
Ingrid, wenn ich vom Garten wieder ins Haus komme, sind meine Schuhe oft „ganz dreckig“…
Ingrid Holz: Das haben wir alle schon selber gehört oder zu anderen gesagt. Ich will unterscheiden: „Dreckig“ fühlen sich meine Hände nach einem Großeinkauf an. Wenn ich im Garten war, dann bekomme ich „erdige“ Hände und Schuhe. Ich habe mit der Erde gearbeitet. Auch durch meine Wortwahl möchte ich die Erde achten und wertschätzen.
Stimmt es, dass die Erde in Deinem Garten im Winter eine Decke bekommt?
Ingrid Holz: Seit ca. 20 Jahren graben wir die abgeernteten Beete im Herbst nicht mehr mit dem Spaten um. Mit dem Herbstlaub von Haselnuss und Kirschbaum bekommen sie eine „Bettdecke“. Die Erde trocknet und friert nicht aus. Dadurch bleibt das Bodenleben in der oberen Erdschicht aktiver. Regenwürmer ziehen Blätter nach unten und lockern dadurch die Erde. So möchten wir den Humus erhalten und pflegen. Der Boden wird durchlüftet und kann das Wasser besser speichern. Somit durchwurzeln die Pflanzen feiner und können die Nährstoffe vom Kompost gut aufnehmen.
Unser Humus ist bedroht, hast Du mir erzählt. Was ist denn so gefährlich für ihn?
Ingrid Holz: Die so genannte industrielle, konventionelle Landwirtschaft hat sich in eine starke Abhängigkeit von Saatgutproduzenten und der dazu gehörenden Chemieindustrie begeben. Humusaufbau bzw. dessen Erhalt wird durch den intensiven Einsatz von Gülle und chemischen Dünger nicht möglich. Mikrobiologisches Leben von Bakterien, Pilzen und Lebewesen in, auf und über der Erde werden durch den Einsatz von Pestiziden vernichtet.
Bei Starkregen beobachte ich z.B. bei Mais- und Zuckerrübenfeldern, dass der Boden (Humus) „wegflößt“ über Feldwege, Kanal in Bach und Fluss.
Die biologische Landwirtschaft setzt auf Humuserhalt, denn nur eine langfristig gedachte Kreislaufwirtschaft wird uns die weltweite Ernährung sichern können.
Der Boden ist von unschätzbarem Wert für unser Leben. Es wäre also gut, wir alle würden uns ein bisschen mehr „erden“. Hast Du einen Tipp, wie das gelingen kann?
Ingrid Holz: Ich erde mich bei der Arbeit im Garten. Ja, es ist Arbeit: ich bücke mich, bereite das Beet für das Säen oder Pflanzen vor. Ich lege Hand an, beobachte, wässere bei Bedarf, will Wachstum ermöglichen und übernehme Verantwortung, die auch mit Ausdauer und bei mir mit Freude und Dankbarkeit verbunden ist. Ich spüre die Abhängigkeit von Sonne und Regen. Ich fühle mich der Erde verbunden. Gerne wünsche ich uns allen, dass wir wieder die Sehnsucht nach MEHR bekommen. Nicht nur Konsumieren und Haben können, wann immer wir etwas wollen, sondern uns in Prozesse des Wachsens und Gedeihens einbinden lassen und so dankbar jeden Tag „Erntedank“ feiern können.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
S. Reinert